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„Gebt das Hanf frei“ – so lautete ein Slogan, der mit der Bundesregierung aus Bündnis 90/Die Grünen, SPD und FDP verbunden wurde, als deren Spitzenvertreter am 24.11.2021 ihren Koalitionsvertrag unterzeichneten. Für manche eine Hoffnung, eine lange ersehnte Notwendigkeit. Für andere eine mögliche Entwicklung, die sie mit Sorgen und Bedenken erfüllte.
Viele Online-Händler, die mit Cannabis-Produkten handeln (wollen) und sich seit Jahren in einer – bestenfalls – rechtlichen Grauzone bewegen, erhofften sich von den Plänen der Ampel-Koalition, dass die Ampel für den Verkauf zumindest einzelner Cannabis-Produkte nun auf grün springen würde – oder zumindest mehr Klarheit geschaffen würde hinsichtlich der Kategorisierung und Abgrenzung des verfügbaren Produktsortiments. Dazu kam es – trotz der noch ausstehenden abschließenden Befassung des Bundesrats – nicht. Ein Überblick.
Seit Amtsantritt der Bundesregierung schafften es verschiedene Themen aus dem Gesamtkomplex „Cannabis-Legalisierung“ regelmäßig auf die Tagesordnung der Parlamente – um dann aufgrund dringender weltpolitischer Ereignisse, innerkoalitionärer Uneinigkeiten oder notwendiger Abstimmungen zwischen Bund und Ländern wieder vertagt zu werden. Auch gegen den finalen Gesetzentwurf, der nun am vergangenen Freitag zur Abstimmung stand, formierte sich innerhalb der die Regierung tragenden SPD-Bundestagsfraktion noch einmal namhafter und vehementer Protest. Und dies, obwohl zahlreiche weitergehende Pläne – wie etwa der Verkauf in kontrollierten Verkaufsshops (Coffeeshops“) – bereits seit geraumer Zeit ad acta gelegt worden waren.
Trotz des holprigen Wegs, den das Cannabisgesetz (CanG) bis zum vergangenen Freitag zurücklegen musste, markiert diese Bundestags-Abstimmung einen inhaltlichen Endpunkt der Debatte. Zwar ist damit zu rechnen, dass der Bundesrat insbesondere aufgrund der kurzfristigen Mehrbelastung der Strafjustiz am 22. März den Vermittlungsausschuss anrufen wird. Da es sich nicht um ein Einspruchsgesetz handelt, kann dies jedoch maximal zu einer Verschiebung des für den 1. April vorgesehenen Inkrafttretens führen. Signifikante inhaltliche Änderungen sind nicht mehr zu erwarten – insbesondere keine, die weitergehende, öffnende Regelungen vorsehen würden.
Das CanG, das im Bundestag mit einer Mehrheit von 407 Ja-Stimmen zu 226 Nein-Stimmen bei vier Enthaltungen angenommen wurde (FAQ), sieht vor, dass erwachsene Personen bis zu 25 Gramm Cannabis besitzen und mit sich führen dürfen. An ihrem Wohnsitz dürfen erwachsene Personen insgesamt bis zu drei Cannabispflanzen anbauen und bis zu 50 g getrocknetes Cannabis besitzen – ausschließlich jedoch zum Eigenkonsum. Eine Weitergabe an Dritte ist ausdrücklich untersagt.
Ebenfalls zulässig soll ab 1. Juli 2024 der gemeinschaftliche, nicht-gewerbliche Eigenanbau von Cannabis in sogenannten Anbauvereinigungen werden. Diese Anbauvereinigungen benötigen eine ausdrückliche behördliche Erlaubnis. Das angebaute Cannabis darf nur für die Deckung des Eigenbedarfs der Mitglieder verwendet werden. Eine Weitergabe an Dritte, die nicht der Anbauvereinigung angehören, ist untersagt.
Was aus den bisherigen Ausführungen deutlich wird? Ein Verkauf an Dritte, selbst in kontrollierter Form und in begrenzten Mengen („lizenzierte Fachgeschäfte“), findet sich in dem Gesetzentwurf nicht mehr wieder. Für einen möglichen zweiten Schritt, der auf die Anbauvereinigungen folgen könnte, sind wissenschaftlich begleitete regionale Modellprojekte angedacht. Ob diese Pläne angesichts der fortdauernden Kontroversen und der bevorstehenden Wahlkämpfe noch zur Umsetzung kommen, ist durchaus fraglich. Zudem besteht kein Zweifel, dass ein möglicher limitierter Verkauf zunächst in lokalen, stationären Geschäften erprobt würde, da durch die umfassende Problematik der Altersverifikation im Online-Handel zusätzliche Herausforderungen für den Schutz von Kindern und Jugendlichen hinzukommen würden.
Sämtliche Unklarheiten und Unsicherheiten, die sich um den Verkauf von CBD-Produkten ranken, bestehen folglich unverändert fort. Unstrittig ist an dieser Stelle lediglich, dass der Verkauf unverarbeiteter CBD-Produkte wie Blüten, Gras oder Tee verboten ist. Der Verkauf verarbeiteter CBD-Produkte wird teilweise in engen Grenzen als zulässig betrachtet, wenn diese aus dem Anbau in Ländern der Europäischen Union mit zertifiziertem Saatgut (Nutzhanf) stammen ODER dessen THC Gehalt unter 0,2 Prozent liegt und in beiden Fällen der Verkehr mit diesen Produkten ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken dient, die einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließen. Gemäß einem Urteil des BGH (Urteil vom 24. März 2021 – 6 StR 240/20) steht dies nicht grundsätzlich dem Verkauf an Endabnehmer zu Konsumzwecken entgegen. Jedoch muss ein Missbrauch des Cannabisprodukts zur Berauschung ausgeschlossen sein. Davon kann ggf. bei verarbeiteten CBD-Produkten, nicht aber bei unverarbeiteten CBD-Produkten ausgegangen werden.
Doch bedeutet dies, selbst wenn ein Missbrauch zur Berauschung ausgeschlossen werden könnte, dass der Verkauf von CBD-Produkten unter dieser Maßgabe zulässig ist? Nein. Denn grundsätzlich könnte CBD, wenn es kein Suchtstoff ist, eine Lebensmittelzutat sein. Für die Einzelsubstanz Cannabidiol (CBD) wurde bisher kein nennenswerter Verzehr vor dem 15. Mai 1997 belegt. Sie wird daher im Novel Food-Katalog der Europäischen Kommission unter dem Eintrag „Cannabinoids“ als neuartig beurteilt und bedarf somit einer Zulassung nach vorheriger Sicherheitsüberprüfung der Novel Food-Verordnung.
Aktuell sind laut dem Verbraucherzentrale Bundesverband 100 Anträge in Bearbeitung. 19 Anträge sind validiert und wurden toxikologisch geprüft. Ergebnis dieser Überprüfungen war, dass weitere Erkenntnisse gesammelt werden müssen und das Zulassungsverfahren zunächst ausgesetzt wurde. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) schreibt in dem Fragenkatalog zu CBD auf seiner Internetseite schließlich: “Dem BVL ist derzeit keine Fallgestaltung bekannt, wonach Cannabidiol (CBD) in Lebensmitteln, also auch in Nahrungsergänzungsmitteln, verkehrsfähig wäre. Aus Sicht des BVL muss für CBD-haltige Erzeugnisse vor dem Inverkehrbringen entweder ein Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels oder ein Antrag auf Zulassung eines neuartigen Lebensmittels gestellt werden. Im Rahmen dieser Verfahren ist die Sicherheit des Erzeugnisses vom Antragsteller zu belegen.“
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Katja Öhlschläger
Juristin, Legal Consultant
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