Die Hinweispflicht des Arbeitgebers auf noch offenen Resturlaub

Die Hinweispflicht des Arbeitgebers auf noch offenen Resturlaub

16. Oktober 2023-

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Sobald die Mitarbeiter aus dem Sommerurlaub zurückgekehrt sind, neigt sich das Arbeitsjahr gefühlt dem Ende. Damit beginnt aber für Arbeitgeber wieder die wichtige Thematik der rechtlichen Behandlung von Resturlaub im noch laufenden Kalenderjahr, sowie die Frage nach dessen Verfall.

Nach dem Bundesurlaubsgesetz ist dies eigentlich eine klare Sache, nämlich ist der Erholungsurlaub grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr zu gewähren und auch zu nehmen. Eine Übertragung ist nach dem Willen des Gesetzgebers nur nach bestimmten Ausnahmen möglich. Diese Grenzen wurden jedoch in den vergangenen Jahren durch die Rechtsprechung arbeitnehmerfreundlich ausgelegt und ausgeweitet, sodass damit die Anforderungen an den Verfall von Resturlaubsansprüchen gewachsen sind. Entsprechend stellt sich vielen Arbeitgebern noch immer die Frage, welche konkreten Anforderungen erfüllt sein müssen, damit Resturlaubsansprüche auch tatsächlich verfallen können und welche Konsequenzen die Arbeitgeber bei Versäumnissen in Bezug auf die Informationspflicht zu befürchten haben.

Hinweispflicht des Arbeitgebers

Nach dem Bundesurlaubsgesetz erlischt der Anspruch auf etwaigen noch offenen Resturlaub, welcher weder im laufenden Kalenderjahr noch innerhalb des Übertragungszeitraums genommen wurde. Allerdings gilt dies nicht ohne weiteres. Vielmehr obliegt den Arbeitgebern eine aktive Mitwirkungspflicht, um ihre Arbeitnehmer über den noch ausstehenden Resturlaub zu informieren und um sicherzustellen, dass dieser nicht verfällt. Diese Mitwirkungspflicht bezieht sich nur auf den gesetzlichen Mindesturlaub, etwaige abweichende Regelungen in Bezug auf einen vertraglichen Mehrurlaub bleiben den Arbeitsvertragsparteien auch weiter möglich. Daher ist Arbeitgebern dringend zu empfehlen, im Arbeitsvertrag zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaub und einem etwaigen vertraglichen Mehrurlaub zu differenzieren.

Maßgeblich ist die Bedeutung des Erholungsurlaubs, die der Gesetzgeber und auch die Rechtsprechung diesem beimisst. Der Erholungsurlaub dient vornehmlich dem Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer. Hierbei konkretisiert die Rechtsprechung wichtige Anforderungen an eine ordnungsgemäße Information des Arbeitnehmers, damit dieser seine Rechte auch tatsächlich und nach freier Entscheidung wahrnehmen bzw. darauf verzichten kann.

Kommt der Arbeitgeber seiner Verpflichtung in der gebotenen Weise nach, kann der Resturlaubsanspruch des Arbeitnehmers verfallen, genügt die Information den Anforderungen nicht, bleibt dieser auch über den Jahreswechsel bestehen. Bei längerer unterbliebener oder fehlerhafter Information kann der Arbeitnehmer damit Resturlaubsansprüche über mehrere Jahre hinweg ansammeln, was im Streitfall mit erheblichen Kosten für den Arbeitgeber verbunden sein kann.

Anforderungen an eine ordnungsgemäße Information des Arbeitnehmers

Damit die Information des Arbeitgebers bezüglich des Resturlaubs als ordnungsgemäß angesehen werden kann, müssen bestimmte Anforderungen erfüllt sein, dies sind im Einzelnen:

  • Schriftliche Form: Die Information über den noch ausstehenden Resturlaub sollte im besten Fall schriftlich erfolgen, um eine nachvollziehbare und auch nachweisbare Dokumentation zu gewährleisten.
  • Völlige Transparenz: Die Mitteilung muss klar und eindeutig sein, sodass der Arbeitnehmer ohne weiteres erkennen kann, wie viel Resturlaub noch zur Verfügung steht und dass dieser bei Nichtinanspruchnahme verfällt. Rein vorsorglich sollte ggf auch auf einen etwaigen Restanspruch aus vergangenen Kalenderjahren hingewiesen werden.
  • Zeitpunkt der Information: Der Arbeitgeber sollte den Arbeitnehmer rechtzeitig informieren, bevor das Urlaubsjahr endet. Eine Mitteilung kurz vor Ablauf des Jahres könnte als unzureichend angesehen werden. Maßgeblich ist, dass der Arbeitnehmer in die Lage versetzt wird, den restlichen Urlaub auch tatsächlich noch in Anspruch nehmen zu können.
  • Erreichbarkeit des Arbeitnehmers: Der Arbeitgeber muss sicherstellen, dass der Arbeitnehmer die Information tatsächlich erhalten hat. Dies kann beispielsweise durch die Bestätigung des Erhalts seitens des Arbeitnehmers erfolgen. Die Beweislast für die Kenntnisnahme liegt beim Arbeitgeber, sodass dieser die Anforderung zum Nachweis ernst nehmen sollte.

Zudem ist zu beachten, dass der Arbeitgeber auch keine Anreize schafft, noch den Arbeitnehmer dazu anhalten darf, seinen Urlaub nicht zu nehmen und dadurch auf ihn zu verzichten. Dem Arbeitnehmer muss es freistehen, seine Rechte gegenüber dem Arbeitgeber auch tatsächlich wahrzunehmen.

Verfall des Resturlaubs nach Ablauf des Urlaubsjahres

Der Resturlaub verfällt grundsätzlich am Ende des Urlaubsjahres (Bundesurlaubsgesetz).

Voraussetzung ist aber, dass der Arbeitnehmer nicht die Möglichkeit der Urlaubsnahme hatte

UND

der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer diese Möglichkeit auch tatsächlich gegeben hat.

Eben hier setzt die vorbenannte Mitwirkungspflicht des Arbeitgebers an. Falls der Arbeitnehmer aufgrund betrieblicher oder persönlicher Gründe verhindert war, den Urlaub zu nehmen, sollte der Arbeitgeber nachweisen können, dass er alles Zumutbare unternommen hat, um die Urlaubsnahme zu ermöglichen. Dies betrifft wesentlich eine ausreichende Information des Arbeitnehmers über noch offene Resturlaubsansprüche.

Soweit der Arbeitnehmer krankheitsbedingt gehindert ist, den Erholungsurlaub auch in Anspruch zu nehmen, kann dieser grundsätzlich 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfallen, es sei denn, tarifvertragliche oder vertragliche Regelungen sehen eine längere Frist vor.

Konsequenzen für Arbeitgeber

Die Hinweispflicht des Arbeitgebers in Bezug auf den noch offenen Resturlaub ist von großer Bedeutung für den Schutz der Erholungsinteressen des Arbeitnehmers. Eine ordnungsgemäße Information erfordert Klarheit, Deutlichkeit und die schriftliche Form (zum Zwecke des Nachweises). Der Verfall des Resturlaubs nach Ablauf des Urlaubsjahres kommt nur dann in Frage, wenn sich die Arbeitgeber der dargestellten Pflichten bewusst sind und diese sorgfältig umsetzen, um rechtlichen Konsequenzen, so etwa einer Geltendmachung von rückwirkenden Urlaubsansprüchen, vorzubeugen. Soweit der Arbeitgeber den Anforderungen nicht gerecht wird, muss der Urlaub ggf. nachträglich gewährt bzw. bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgezahlt werden.

Mitunter kann eine fehlerhafte oder gar unterbliebene Aufklärung der Arbeitnehmer auch zu Schadensersatzansprüchen führen, sobald diesen aufgrund der Versäumnisse des Arbeitgebers ein finanzieller oder anderer Nachteil entstanden ist. Entsprechend ist auch aus diesem Grunde eine korrekte Information des Arbeitnehmers anzuraten, um etwaigen Streitigkeiten im Nachhinein vorzubeugen.

Nachlässigkeiten des Arbeitgebers können auch zu einer Störung des Vertrauensverhältnisses zum Arbeitnehmer und zu einem  Reputationsverlust führen, welcher langfristig nicht zu unterschätzen sein sollte. Im Ergebnis dient eine ordnungsgemäße und transparente Information des Arbeitnehmers über noch bestehende Resturlaubsansprüche nicht nur der Umsetzung der rechtlichen Compliance-Vorgaben, sondern auch der Förderung eines gesunden und vertrauensvollen Arbeitsklimas innerhalb des Unternehmens.

Fazit

Arbeitgeber sollten nun die Zeit nutzen, um einerseits aktiv auf die Arbeitnehmer zuzugehen und diese in der gehörigen Weise über noch offenen Resturlaub zu informieren, damit die Arbeitnehmer eine informierte und freiwillige Entscheidung über die Inanspruchnahme des Erholungsurlaubes treffen können.

Der vorstehende Artikel wurde zur sprachlichen Vereinfachung in der männlichen Form geschrieben und beabsichtigt keine Diskriminierung der Geschlechter.

Ihr Ansprechpartner

Rechtsanwältin Elisa Rudolph
info@hb-ecommerce.eu

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